Professor Karin Sander Architecture and Art

Professur für Architektur und Kunst
Der Begriff „Kunst“ bezeichnet heute nicht mehr primär die Fähigkeit, Kunst- werke im Sinne dinglicher Artefakte herzustellen, er bezieht sich vor allem auf eine Methode zur Generierung komplexer Bedeutungen ausserhalb normierbarer Standards. Aufgrund ihrer subjektiven Wurzel erfordert die Aus- einandersetzung mit Kunst in besonderem Mass die Ausbildung kritischer, das heisst den Kunstbegriff permanent mitreflektierender Kompetenzen.

Entsprechend ist das Lehrprogramm im ersten Jahr darauf abgestimmt, Kunst als eine sowohl formal (technisch) wie inhaltlich ungesicherte, gleich- wohl aber qualitativ überprüfbare Tätigkeit zu vermitteln. Das Verhältnis von Kunst zur Architektur bestimmt sich weniger nach dem, was die eine Dis- ziplin der anderen an speziellen praktischen Fertigkeiten, an „skills“, zu biet- en hat, als vielmehr nach dem, was ihre produktive Spannung ausmacht. Nicht die Schnittmenge zwischen Kunst und Architektur ist das Interessante, sondern der Schnitt selbst. Dazu zählt das Zweifeln an den schnellen Lö- sungen, das Denken um Ecken, der unverstellte Blick auf die Dinge, die kon- zeptuelle Geradlinigkeit, auch da, wo sie irrational und dysfunktional er- scheint. Dazu gehört aber auch eine besondere Sensibilität für den Kontext, also für den Ort im Verhältnis zu seiner Umgebung, und zwar sowohl in ei- nem ästhetischen wie auch politischen und historischen Sinn; neben aktuel- lem Wissen bedarf es aber vor allem eines entwickelten Gespürs für die äs- thetische, kulturelle und politische Verfasstheit der Gegenwart.

Ziele und Inhalt
Die Kunstlehre im Rahmen des Architekturstudiums an der ETH Zürich stellt das künstlerische Denken und Arbeiten in den Mittelpunkt. Dabei werden im ersten Studienjahr grundlegende Fähigkeiten in der Wahrnehmungs- und Bildkompetenz vermittelt. Neben den klassischen Bildmedien wie Zeichnung, Malerei, Fotografie, Video, Skulptur oder Installation wird das Spektrum um die so genannten Neuen Medien, um digitale und netzbasierte sowie um performative Techniken erweitert. Unterschiedliche künstlerische Strategien und der Umgang mit Materialien und Techniken werden in den Gruppen vorgestellt und praktisch erprobt. Durch kunst- und erkenntnis-theoretische Auseinandersetzungen werden Wahrnehmung, Ausdrucksfähigkeit und äs- thetisches Urteilsvermögen geschärft, was letztlich zu einem tieferen Ver- ständnis künstlerischer Konzepte und transdisziplinärer ästhetischer Strate- gien führt, von denen zeitgenössische Kunst und Architektur ja gleichermassen geprägt sind. Ziel ist es zu Lösungen zu kommen, die auf andere Weise, zum Beispiel durch eine einseitig rationale oder funktionalis- tische Sichtweise, nicht erreicht werden könnten.

Der Unterricht am Mittwoch ist in drei Abschnitte gegliedert:

  • Vorlesung von mir (Prof. Karin Sander)

  • Freies + perspektivisches Zeichnen mit Heiner Franzen - Unterricht in den Gruppen.

Darüber hinaus wird es jeden Mittwoch mit einer der Gruppen und dem jew- eiligen Dozenten ein persönliches Gespräch mit mir geben; die zu diskutier- enden Themen bestimmt jede Gruppe selbst.